Aktuelles: Archiv
- Personalmangel gefährdet Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen
- Offener Brief der Österreichischen Behindertenarbeit und des ÖBR - Österreichischen Behindertenrates an Bundesminister Rauch
- Ausweitung des Pflegezuschusses und Initiativen gefordert, um Abwanderung des Personals zu verhindern und neues zu gewinnen
Offener Brief an Bundesminister Johannes Rauch
195 Dienstleistungsunternehmen aus der österreichischen Behindertenarbeit haben heute gemeinsam mit dem Österreichischen Behindertenrat einen dringenden Appell an Sozial- und Gesundheitsminister Johannes Rauch gerichtet. In einem Offenen Brief machen sie eindringlich auf den Personalmangel in der Behindertenarbeit aufmerksam. Nur mit ausreichend und qualifiziertem Personal können Menschen mit Behinderungen und psychischen Beeinträchtigungen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen und die ihnen laut UN-Behindertenrechtskonvention zusteht.
Ein Problem sehen die Unterzeichner des Briefs in der Spaltung, die der Pflegezuschuss in die Teams der Behindertenarbeit bringt. Der Zuschuss wird generell als positives Signal für den Pflege- und Betreuungsbereich gesehen, steht aber nur Personen mit bestimmten pflegerischen Ausbildungen zu. „In unseren multiprofessionellen Teams führt das dazu, dass Personen vom Zuschuss ausgeschlossen werden, obwohl sie dieselben oder gleichartige Arbeiten verrichten, wie anspruchsberechtigte Kolleg*innen“, erklärt Ludwig Plangger, Obmann der argeSODiT, dem Tiroler Dachverband. Beispielsweise erhalten Heimhilfen den Pflegezuschuss, Psycholog*innen mit UBV-Ausbildung (Unterstützung bei der Basisversorgung) aber nicht.
Die Dachverbände und Interessenvertretungen der Dienstleistungsunternehmen in der österreichischen Behindertenarbeit fordern daher von Minister Rauch und der Bunderegierung eine Ausweitung des Bezugskreises ab 2025 - zumindest auf Personen mit UBV-Ausbildung (Unterstützung bei der Basisversorgung). Trotz vielfacher Hinweise und Proteste wurde dieser Missstand bis dato nicht behoben.
- Unterzeichnet haben der Österreichische Behindertenrat sowie Dachverbände, Interessenvertretungen und Einzelorganisationen aus
8 Bundesländern. - Insgesamt sind dies 195 Organisationen, die Leistungen für Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen anbieten.
- Allein die Unterzeichnenden begleiten mehr als 59.400 Menschen mit Behinderungen und psychischen Beeinträchtigungen in unterschiedlichen Angeboten und beschäftigen über 30.300 Mitarbeitende in ganz Österreich.
Studienreise im Zeichen der Inklusion. Vertreter_innen der argeSODiT besuchten mit Landesrätin Pawlata und Lebenshilfe Tirol ENABLE Scotland.
Selbstbestimmung ist nicht nur in der UN-Behindertenrechtskonvention verankert, sondern auch Leitlinie für die Behindertenhilfe in Tirol. Mit dem „Self-Directed Support“ (SDS) setzt Schottland auf ein Modell, das Menschen mit Behinderungen mehr Wahlmöglichkeiten und Kontrolle über ihre eigene Unterstützung gibt. Um sich ein Bild dieser personenzentrierten Begleitung zu machen, hat die Lebenshilfe Tirol zusammen mit Franz Wolfmayr vom Zentrum für Sozialwirtschaft Graz eine Studienreise organisiert.
Vertreterinnen und Vertreter des Dienstleisters Enable Scotland in Glasgow gaben der Tiroler Delegation Einblicke in ihr personenzentriertes Unterstützungskonzept. Bild: © Land Tirol
Die Mitbestimmung von Menschen mit Behinderungen ist ein zentrales Anliegen der UN- Behindertenrechtskonvention. In Tirol wurde dafür eine gewählte Nutzer:innenvertretung gesetzlich verankert, die in Entscheidungsprozesse des Landes einbezogen wird.
Nach 2018 fand die Wahl der Vertretung nun zum zweiten Mal statt. Dabei fungierten auch Standorte von argeSODiT-Mitgliedern als Wahllokale. Die Nutzer:innen-Vertretung ist für die argeSODiT eine zentrale Partnerin, um sich gemeinsam für eine qualitativ hochwertige, inklusive Begleitung und entsprechende Rahmenbedingungen einzusetzen. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit in den kommenden 4 Jahren!
Die Nutzer:innen-Wahl in Zahlen
- Wahl vom 28. März bis zum 25. April 2024
- 1.192 abgegebene Stimmen
- 21 Hauptmitglieder und zwei Ersatzmitglieder (Namen und Details)
- Sechs Gruppen: Personen mit körperlichen Behinderungen, Hörbehinderungen, Sehbehinderungen, psychischen Erkrankungen, Lernschwierigkeiten und eine offene Gruppe
Von 28. März bis 25. April 2024 findet in Tirol die Wahl der neuen Nutzer:innenvertretung statt. Wahlberechtigt sind Menschen mit Behinderungen und psychischen Beeinträchtigungen, die in den vergangenen vier Jahren Leistungen der Tiroler Behindertenhilfe bezogen haben. Infos zur Wahl - auch in leichter Sprache - sind auf der Website des Landes zu finden.
Selbstbestimmung vs. Aufsichtspflicht - Lebenshilfe Tirol erzielt richtungsweisendes OGH-Urteil.
Nach einem Unfall eines Mannes mit kognitiver Behinderung beim Überqueren einer Straße, wurde die Lebenshilfe von der Autofahrerin auf Schadenersatz geklagt worden. Sie vermutete eine Verletzung der Aufsichtspflicht. Die Lebenshilfe war damals dem Wunsch des Klienten, allein in ein bestimmtes Geschäft einkaufen zu gehen nachgekommen, hatte den Schritt gut vorbereitet und den Weg monatelang mit ihm trainiert. Über lange Zeit funktionierte dies, bis zum Tag des Unfalls, auch einwandfrei.
Der OGH hat nach einem langen Rechtsstreit nun ein Grundsatzurteil gefällt. Er stellt darin fest, dass die Assistenz nicht mit einer Aufsichtspflicht einhergeht. Volljährige Menschen mit Behinderungen müssen und sollen also nicht grundsätzlich rund um die Uhr „beaufsichtigt“ werden, weil das in klarem Widerspruch zu ihrem Recht auf Selbstbestimmung steht.
In einem offenen Brief an Finanzminister Magnus Brunner, Sozialminister Johannes Rauch und die Landehauptleute hat der Österreichische Behindertenrat erneut die Einrichtung eines Inklusionsfonds gefordert. Dieser soll im Rahmen des Finanzausgleichs Bund - Länder eingeplant und mit 500 Mio. Euro jährlich dotiert werden.
Der Inklusionsfonds soll die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, die Österreich bereits vor 15 Jahren ratifiziert hat, unterstützen. Dass noch viel Handlungsbedarfs besteht, hat zuletzte auch die UN-Staatenprüfung Österreichs bestätigt - ein zweckgebundenes Budget ist unerläßlich. Zudem wird die Einrichtung eines Inklusionsfonds auch im Regierungsprogramm erwähnt, wurde aber noch nicht umgesetzt.
Als argeSODiT unterstützen wir die Forderung des Österreichischen Behindertenrates nach einem Inklusionsfonds. Im Tiroler Aktionsplan sind über 280 Maßnahmen vorgesehen, die zur Umsetzung der UN-BRK beitragen sollen. Ohne entsprechende Mittel werden diese Willensbekundungen bleiben und Menschen mit Behinderungen um ihre Rechte gebracht.
Herzliche Gratulation allen Betrieben und Organisationen zum Gütesiegel "Wir sind inklusiv 2023-25"!
Die Preisträger_innen leben vor, was eigentlich selbstverständlich sein sollte: sie leben in ihrem Unternehmen Inklusion und beschäftigen Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt - mit Engagement und gewinnbringend für alle.
Wir sind inklusiv ist eine Auszeichnung des Sozialministeriumsservice Tirol in Kooperation mit der argeSODiT. Seit der Einführung des Gütesiegels 2015 konnten 119 Unternehmen aus allen Tiroler Bezirken, aus den verschiedensten Branchen, vom Kleinstunternehmen bis zum Großbetrieb ausgezeichnet werden.
Wer neu ausgezeichtnet wurde, können Sie hier nachlesen:
Wir sind inklusiv - Auszeichnung 2023-25
Über 1.000 Mitarbeiter_innen der Tiroler Behindertenhilfe werden im Dezember 2022 vergeblich auf den Pflegebonus (Entgelt-Zweckzuschuss-Gesetz / EEZG) warten. Grund ist die verspätete Ausarbeitung der entsprechenden Richtlinie durch die Abteilung Pflege des Landes. Zudem weist der Erstentwurf vom 15.12.2023 massive Unklarheiten auf, die den Dienstgebern eine rechtzeitige und rechtlich gedeckte Auszahlung nicht möglich machen.
Dass es durchaus möglich gewesen wäre, die Richtlinie rechtzeitig vorzubereiten, beweisen die Richtlinie für Tiroler Landes- und
Gemeindebedienstete, die bereits seit Oktober 2022 vorliegt. Auch in anderen Bundesländern wurden die Richtlinien für die Behindertenhilfe wesentlich früher erstellt und die Boni teilweise schon ausbezahlt. Die argeSODiT kritisiert diese Vorgehensweise nun in einem offenen Brief an die zuständigen Landesstellen.
Offener Brief Richtlinie Pflegebonus, Dezember 2022
Seit bekannt werden des Entgelterhöhungs-Zweckzuschussgesetz (EEZG), das den Pflegebonus regelt, übt die argeSODiT Kritik am Bezieher_innenkreis. Das nur Teile der Mitarbeiter_innen der Behindertenarbeit den Bonus erhalten, verursacht eine enorme Schieflage in den Teams. Durch österreichweite Interventionen über den Sommer konnte erreicht werden, dass Absolvent_innen nach dem Sozialbetreuungsgesetz ins EEZG aufgenommen werden. Dennoch bleiben tausende Mitarbeiter_innen, die in der Begleitung von Menschen mit Behinderung die gleiche oder eine gleichwertige Arbeit verrichten, vom Pflegebonus ausgeschlossen. Dabei besteht schon jetzt in vielen Bereichen der Behindertenarbeit Personalmangel. Das gefährdet die qualitätsvolle Begleitung von Menschen mit Behinderungen und psychischen Beeinträchtigungen. Es muss alles für eine Aufwertung des Arbeitsfeldes getan werden.
Die argeSODiT fordert daher die Aufnahme aller fachlichen Mitarbeiter, die im Rahmen des Tiroler Teilhabegesetzes tätig sind, in das EEZG. Generell solle die Behindertenarbeit zudem schon zu Beginn von Reformen und Gesetzesvorlagen einbezogen werden.
vgl. auch Artikel Tiroler Tageszeitung, 9.12.2022
Ungleichbehandlung durch den Pflegebonus sorgt für Ärger bei Mitarbeitenden. argeSODiT fordert von Landesregierung Erweiterung des Bezugskreises.
„Der Unmut in der Belegschaft unserer Mitglieder ist groß und wird auch deutlich artikuliert. Es brodelt.“ fasst argeSODiT Obmann Ludwig Plangger die aktuelle Stimmung in den Organisationen der Tiroler Behindertenarbeit zusammen. Bereits seit Juni letzten Jahres weisen die Dienstleister der Behindertenhilfe und ihr Dachverband argeSODiT auf die Schieflage hin, die das das Gesetz zur Auszahlung eines Pflegebonus (EEZG) in ihre Teams bringt.
Nun ist die Auszahlung rückwirkend für 2022 erfolgt und die Ungleichbehandlung schwarz auf weiß auf den Lohnzetteln für die Mitarbeiter_innen greifbar. Für die vielfach multiprofessionell arbeitenden Teams der Behindertenarbeit ist das fatal. Teile des Teams bekommen den Bonus, Teile nicht - obwohl sie die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten.
Appell an Land und Bund